Am 3.3.204 haben Céline und Simon von Forchbier wieder zum gemeinsamen Bierbrauen gerufen – wir sind gegangen. Der Bericht in Züriost beschreibt sehr schön, was da geschehen ist:
Wo Hopfen und Malz noch nicht verloren sind
Am Braufestival auf der Forch zeigten ein Dutzend Exponenten der lokalen Craft-Beer-Szene ihr Können. Dank des tollen Wetters wurde aus dem Spezialistentreffen ein kleines Volksfest.
Braufestival in Maur
Brauen wie in der Küche: Stephan Kos aus Wald ist voll im Element. Foto: Simon Grässle
Normalerweise weisen bei einem Fest Schilder oder gar Lotsen den Weg. An diesem Samstagnachmittag übernehmen diese Aufgabe der süssliche Duft des kochenden Suds und der Rauch des Holzgrills. Wer ihnen mitten ins Einfamilienhausquartier unterhalb des Wehrmännerdenkmals folgt, landet unweigerlich beim Braufestival auf der Forch.
Das Bild, das sich bietet, gleicht einem kleinen Markt – wobei freilich die Verkaufsstände fehlen. Auf dem Vorplatz stehen zwei grosse Grills, auf denen die Besucherinnen und Besucher ihre Fleisch- und Gemüsespiesse braten, an den Stehtischen wird zu den Blues- und Country-Klängen eines Musikers Bier getrunken.
Noch ist die Anzahl der Menschen trotz dem prächtigen Wetter überschaubar, die Schlange vor der einzigen Bar relativ kurz. Die eigentliche Show spielt sich aber sowieso an der Seitenlinie, konkret im offenen Schopf zur Linken ab.
Ein Dutzend Männer stehen dort zwischen Holztischen und rühren mit Kellen in grossen Töpfen und Kesseln, kontrollieren Temperaturen, lassen Flüssigkeiten ab und schütten diese in Eimern in andere Töpfe. Es sind allesamt leidenschaftliche Craftbrauer aus der Region, die hier ihr Handwerk zur Schau stellen: Braukultur in seiner reinsten und kleinsten Form.
Töpfe, Kessel, Dampf: Die Craft-Settings laufen auf Hochtouren. Foto: Simon Grässle
Die Szenerie wirkt ein wenig improvisiert und chaotisch – zumindest für jene, die sich mit der Materie nicht auskennen. Orientierungshilfe bietet da Richard Leder, ein Mann, der gefragt scheint. Immer wieder wird er von den anderen Brauern aufgesucht. Leder steht ganz hinten in der Scheune, vor ihm ein Spaghetti-Kochtopf. Es ist quasi die Minimal-Minimalversion einer Brauerei. Er sagt: «Im Prinzip kann so jeder in der eigenen Küche sein Bier brauen.»
Wie sich herausstellt, ist Leder der Geschäftsführer des Sios Homebrewing Ladens in Wald – und damit eine Instanz auf dem Platz. Ein grosser Teil der anwesenden Brauer bezieht sein Material bei ihm, gibt es Fragen, weiss er Rat.
Der schwierige Teil folgt zu Hause
«Hier sieht man bei fast allen nur die ersten Schritte des Prozesses», erklärt er. «Das Schroten des Gerstenmalz, das Maischen, das Läutern, das Kochen der Würze unter Beigabe des Hopfens.» Das Produkt werde am Abend wieder nach Hause genommen, wo die längeren Prozesse der Gärung, bei der der Zucker von der Hefe zu Alkohol umgewandelt wird, und die abschliessende Lagerung folgen.
«Den schwierigsten Teil verpassen Sie also», sagt Richard Leder und hebt den Mahnfinger. «Kommt es dort zu Fehlern, können dann geschmacklich Hopf und Malz verloren gehen. Von daher stammt auch das Sprichwort.» Damit ist auch klar, dass das Bier, das die Menschen hier trinken, nicht vor Ort erschaffen worden ist. Stattdessen haben die Brauer ihre zu Hause gebrauten Biere mitgebracht, das an der Bar gezapft werden kann.
Weil das Bier vor Ort nicht fertig produziert werden kann, haben die Brauer ihre eigenen Kreationen mitgebracht. Foto: Simon Grässle
Nun denn, auch Maischen, Läutern und Kochen können eine Faszination ausüben. Nicht nur die Bierstile und die Grösse der Gefässe, auch die Vielfalt an Techniken, die angewendet werden, ist jedenfalls beträchtlich. So benutzen die einen Holz, die anderen Gas und wiederum andere schlicht den Strom, um ihren Sud zu heizen.
Ein Teilnehmer aus Wetzikon hat eine kleine automatisierte Maschine mitgebracht, die einem überdimensionierten Reiskocher gleicht und in der alle Schritte vollzogen werden können. «Fast schon eine Art Thermomix, mit dem ich jeweils zu Hause in der Küche für mich und meine Freunde braue», erklärt er freundlich. Ganz speziell: Sein Rührwerk betreibt er mit einer Bohrmaschine.
Diese kleine Kupferanlage trumpft mit einer vollautomatischen Steuerung auf. Foto: Simon Grässle
Am Tisch von Stefan Meister hängen derweil Säcke über den Töpfen. Der Walder benutzt ein sogenanntes «Brew in a bag»-Verfahren, um sein American Pale Ale herzustellen. Während bei den anderen der Gerstensaft nach dem Maischen aus einem unten am Kessel angebrachten Hahn oder Schläuchen abgeführt wird, lässt Meister ihn bei der sogenannten Läuterung mittels Schwerkraft abtropfen.
Stefan Meister aus Wald (links) präsentiert ein «Brew in a bag»-Verfahren. Foto: Simon Grässle
Doch was bringt das? «Es ist vor allem ein zeitlicher Vorteil, ich mag es effizient», sagt er lächelnd und nimmt einen Schluck aus seinem Bierbecher. Er geniesst es sichtlich, hier unter seinesgleichen zu sein. «In unserer Szene ziehen sich viele zum Brauen zurück, in die eigene Küche oder in den eigenen Raum. Heute aber ist der Prozess sozial. Man tauscht sich aus, schaut sich etwas ab. Das ist schön.»
Inzwischen ist die Menge auf dem Vorplatz noch einmal deutlich angewachsen. Die Menge ist bunt durchmischt, Familien mit Kindern, Rentner, Ausflügler und vor allem auch viele Einheimische sind zu sehen. Es herrscht fast schon Volksfeststimmung.
Auf dem Platz wird das Bier genossen, im Schopf zur Linken wird derweil fleissig gebraut. Foto: Simon Grässle
Neben der mittlerweile langen Schlange vor der Bar steht Sandro Tonet aus Ebmatingen. Gemeinsam mit einem Freund braut er zu Hause seit mehr als 30 Jahren sein «Förchler» Bier. «Es ist sehr erfreulich, dass sich in der Schweiz eine so grosse Craftbier-Bewegung entwickelt hat», findet er.
Der Ebmatinger Sandro Tonet (kniend) braut seit über 30 Jahren sein «Förchler» Bier. Foto: Simon Grässle
Als Zimmermann legt er gerne Hand an. Das zeigt sich etwa am Zapfhahn, den er den Organisatoren bereitgestellt hat: Er hat die Form eines grossen «F». «Man kann so viel steuern und ausprobieren, es ist faszinierend», bringt er den Zauber ganz simpel auf den Punkt. «Jedes Bier schmeckt ein wenig anders – und das Wie bestimmt man selbst.»
Die mobile Feuerbrauerei
Kurz darauf kreuzen sich die Wege mit Céline Stemmer, der einzigen Frau unter den anwesenden Brauern. Auch sie hat einen ganz eigenen Weg gefunden, ihr «Forchbier» herzustellen: Gemeinsam mit ihrem Partner Simon Schmid hat sie eine mobile Feuerbrauerei in einem Anhänger kreiert, der prominent neben der Bar steht.
An ihrer Anlage ist sie an diesem Nachmittag allerdings selten. Als Veranstalterin des Braufestivals ist sie schliesslich mächtig auf Trab. Begrüssungen und Verabschiedungen hier, Small Talk da, Auskunft geben dort.
Das Veranstalter-Duo Céline Stemmer und Simon Schmid in seiner mobilen Feuerbrauerei. Foto: Simon Grässle
Nach der kleineren Premiere im Vorjahr hat sich das Duo für eine weitere zweite, grössere Austragung entschieden – und ist weder von Petrus noch dem Besucheraufkommen enttäuscht worden. Sie schätzt, dass im Durchlauf gefühlte 200 bis 300 Personen hier gewesen seien. «Ein voller Erfolg», resümiert sie und strahlt dabei übers ganze Gesicht.